Unser Weg in die Hauptstadt führt uns über das ca. 35km nördlich gelegene Kruja. Die Stadt mit ihren ca. 10.000 Einwohnern liegt in den Berg gebettet und beherbergt die gleichnamige Festung, das nationale Denkmal Albaniens.
Wir nähern uns der Stadt über eine steile gewundene Straße, die sich auch durch den Ort schlängelt, bis wir schließlich vor der Burg stehen.
Hier haben die Albaner Mitte des 15. Jahrhunderts unter dem Anführer Skanderbeg erfolgreich ihr Land gegen die Osmanen verteidigt. Neben den alten Festungsmauern stehen hier ein Museum, das an diesen Kampf erinnert und im Stil einer mittelalterlichen Trutzburg von der Architektin Pranvera Hoxha, der Tochter des albanischen Diktators Enver Hoxer, geplant wurde sowie ein kleines ethnografisches Museum.
Am Fuß der Burg gibt es einige gemütliche Cafés und einen kleinen Bazar der noch aus den historischen dunklen Holzbauten besteht und mit allerlei modernen Souvenirs gefüllt ist. Wir schauen uns nach einem kleinen Läufer um, der unseren Puschel zieren könnte, fahren aber leider erfolglos weiter.
Tirana erreichen wir eine halbe Stunde später zur Rush-Hour. Wobei das keine Rückschlüsse auf unsere Ankunftszeit zulässt, denn wir lernen schnell: hier herrscht immer Rush-Hour. Die Fahrzeuge schieben sich dicht an dicht durch die Straßen. Autos parken in zweiter Reihe; gerne auch im Gegenverkehr. Links abbiegen ohne Ampel und Abbiegespur ist, wie das Slalomfahren, eine kleine Herausforderung mit unserem Sechsmeter-Van. Über allem liegt ein hohes Maß an Wohlwollen: wenig hupen und wir erhalten oft Vorfahrt angesichts unseres fremden Kennzeichens.
Für die nächsten drei Nächte suchen wir die Ruhe am Stadtrand auf einem grünen Hügel. Hier sind Kastenwagen und Busse unter sich, dafür sorgt die steile Anfahrt mit ihren engen Windungen. Oben dann: Bullerbü zwischen Hühnern und Weinreben. Tirana hat viele Facetten, auch das werden wir in den nächsten Tagen lernen. Wir richten uns erst einmal ein und waschen unsere Wäsche.
Am Morgen steigen wir in den Bus und fahren für umgerechnet etwa 40 Cent zum Skanderbegplatz. Das letzte Drittel der Busfahrt wären wir zu Fuß schneller gewesen, so dicht ist der Verkehr, aber wer weiß, was wir heute noch ablaufen. Also bleiben wir sitzen, bis der Schaffner uns ein Zeichen gibt, dass es Zeit ist, auszusteigen.
Der Skanderbegplatz ist der zentrale Platz der Stadt. Er ist umgeben von pastellfarbenen Amtsgebäuden und auf ihm steht ein Reiterdenkmal seines Namensgebers. Gleich daneben ist der Uhrenturm von Tirana und die alte, osmanische Et’hem Bey Moschee, die wir auch gleich besichtigen. Der kleine Gebetsraum ist bis in die Kuppel kunstvoll bemalt und wird auch noch genutzt. Wir machen still ein paar Bilder und verlassen die Moschee in Richtung des Bunk Art 2 Museums, das in einem der vermutlich über 200.000 albanischen Bunker untergebracht ist. In den feuchten muffigen Gängen unter der Erde erfahren wir viele Details über die fast achtzigjährige diktatorische Geschichte Albaniens. Danach zieht es uns erst einmal in eins der zahlreichen Kaffeehäuser, bevor uns die Buslinie 15 wieder zurück zu unserem Stellplatz bringt.
Bunk Art 2
Rruga Abdi Toptani
Tirana, Albanien
Mo.-So. 9-18 Uhr
Am zweiten Tag machen wir uns auf zur Markthalle Pazari i Ri im gleichnamigen Ausgehviertel mit seinen Bars und Cafés. In der Markthalle gibt es neben Lebensmittel- und Gemüseständen auch die üblichen touristischen Mitbringsel.
Bei einem Blick in die Seitenstraßen fasziniert uns das kunstvolle Geflecht aus Stromkabeln. Quasi der Knotenpunkt der Energieversorgung Tiranas. Vermutlich durchblickt nur einer dieses Chaos: der Besitzer des nahegelegen Elektrogeschäftes.
Wir schlendern zurück zum Regierungsviertel und bestaunen noch einmal ausführlich die pastellfarbenen Jugendstilgebäude, bevor wir abbiegen zur Tanner Brücke. Die osmanische Steinbrücke wird auf das 18. Jahrhundert datiert und ist eines der wichtigsten historischen Bauwerke der Stadt. Sie ist aus Flusssteinen errichtet und lag früher am süd-östlichen Rand von Tirana, heute liegt sie im Zentrum. So ändern sich die Städte. Auch das zeichnet Tirana für uns aus. Hier stehen historische Bauten neben sozialistischer Architektur und modernen Gebäuden, die es mit jeder europäischen Hauptstadt aufnehmen können.
Wir gehen weiter entlang des Kanal Lana, der einmal quer durch die Stadt fließt und herrlich grün bewachsen ist.
Wir folgen dem Boulevard Dëshmorët e Kombit, der zentralen Achse der Stadt, die den Skanderbegplatz mit dem Mutter-Theresa-Platz verbindet, als wir in einem Kunstpark plötzlich vor einem weiteren Bunker und einem Stück Berliner Mauer stehen, das bei uns für Verwunderung sorgt. Wie es wohl hier gelandet ist?
Weiter geht es durch ein Viertel, mit vielen modernen Läden und Bars, die uns ein wenig an amerikanische Viertel erinnern. Dann stehen wir vor unserem Ziel: das Veggies ist das vegane Restaurant Tiranas.
Bei Peanutbutter-Cake und Kaffee lassen wir den Tag noch einmal an uns vorbei ziehen, bevor wir den Rückweg auf unseren grünen Hügel vor der Stadt antreten.
Schön war’s Tirana, Dich kennen zu lernen.
Veggies Restaurant
Rruga Perlat Rexhepi 15
Tirana, Albanien
Tel.: +355 69 20 77 726