Wir haben Eriwan verlassen und sind ins 30 Kilometer entferne Garni gefahren, um hier ein ganz besonderes Naturschauspiel anzusehen.
Aber erst einmal benötigen wir einen Stellplatz für die Nacht. Das ist hier gar nicht einfach. Im Ort gibt es einen Parkplatz am Museum, der aber auf Grund einer Feier belegt ist. Der Seitenstreifen an der Hauptstraße ist nicht breit genug, um dort mit unserem Van zu parken. Außerdem ist es auf Grund des Verkehrs laut. Als wir auf einen privaten Parkplatz einbiegen, möchte der Besitzer für die Übernachtung 4 Euro. Für einen Parkplatz ohne jeglichen Service - es gibt nicht mal einen Mülleimer - ist uns das zu teuer. Natürlich sind für uns 4 Euro nicht viel, allerdings finden wir es nicht gut, die Einheimischen aus reiner Bequemlichkeit in dem Glauben zu lassen, der Preis wäre okay.
Wir kurven weiter durch den Ort, sind müde und bekommen schon fast Streit, als wir einen Parkplatz mit einem armenischen Schild sehen. Wir zücken das Handy mit der Übersetzungs-App. Parken 20 Eurocent steht dort. Das klingt nach lokalen Preisen. Wir biegen ein und stellen Puschel erleichtert ab. Wir sind mutterseelenallein auf dem Schotterplatz. Doch nach wenigen Minuten kommt eine alte Frau um die Ecke. Wir zahlen, sie ist zufrieden. Wir ziehen die Verdunklung zu und lassen den Tag bei einem Bier ausklingen.
Am nächsten Morgen um neun Uhr springen wir aus dem Van und werden gleich vom Sohn der Parkplatz-Besitzerin abgefangen. In der Hand hält er Pflaumen und Aprikosen. Er bedeutet uns mitzukommen. Wir gehen durch ein Holztor neben dem Parkplatz und landen in einer Hinterhof-Destillerie mit zehn, zwölf Fässern, die er uns stolz zeigt.
Dass wir seine Wodka-Probe am frühen Morgen ausschlagen, kann er nicht richtig verstehen. Uns gelingt dennoch halbwegs elegant der Rückzug und wir machen uns auf zu unserem eigentlichen Ziel: der Symphonie of Stones.
Kaum sind wir unterwegs, hält ein schwarzer Mercedes neben uns. Ein Einheimischer bietet uns eine Mitfahrgelegenheit an. Eigentlich wollten wir uns ein wenig bewegen, wir finden die Geste aber so nett, dass wir einsteigen in seinen mit 450.000 gelaufenen Kilometern erstaunlich fitten Mercedes. Dreimal um die Ecke und den Berg runter und wir stehen am Kartenhäuschen des Naturwunders. Wir zahlen umgerechnet 50 Eurocent Eintritt und betreten die Garni Schlucht mit dem imposanten Naturphänomen.
Die etwa 50 Meter hohen Basaltformationen sind vulkanischen Ursprungs. Ihre sechseckige Form erinnert uns ein bißchen an Elefantenfüße. Und wir kommen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus ob dieser natürlich Präzision und Perfektion. Wir laufen den Weg auf und ab, schauen und machen Fotos. Für uns ist die Symphonie of Stones eines der Highlights unserer bisherigen Reise.
Zurück an unserem Kastenwagen machen wir uns auf den Weg zum nahe gelegenen Kloster Geghard, dem ersten dieser Woche. Es stammt aus dem 12. Jahrhundert und ist bekannt dafür, dass es in den Fels gebaut ist und daher ein Teil seiner Räume aus Höhlen besteht.
Auf dem Parkplatz stehen bereits sehr viele Kleinbusse und Autos. Vor dem Kloster steht eine Schlange an Souvenierverkäufer:innen bereit. Uns ist es hier ein wenig zu voll, was vermutlich daran liegt, dass wir gegen Mittag ankommen. Zudem wird das Kloster gerade renoviert. Unser Aufenthalt ist daher nur kurz.
Je weiter südlich wir kommen, desto karger wird die Landschaft. Wir empfinden die Kombination aus roter Erde und Hügeln, gepaart mit grün-braunen Sträuchern und Bäumen, als dennoch sehr schön und faszinierend.
Für die Nacht fahren wir einen Rastplatz aus der App Park4Night an mit kleinen überdachten Picknickkuben und in der Nähe des Berg Ararat. Auch Strom und Wasser sind vorhanden. Hier treffen wir auf einen österreichischen Land Rover und seine Besitzer. Wir tauschen uns kurz aus und beschließen für ein paar Euro zu bleiben.
Am nächsten Morgen machen wir uns gleich morgens um acht Uhr auf zum Kloster Chor Virap, um dem Besucherandrang zu entgehen, denn das Kloster ist äußerst beliebt. Es ist die dem Berg Ararat am nächsten gelegene Stelle auf armenischem Gebiet und bietet einen der schönsten Blicke auf den 30 Kilometer entfernten - für die Armenier:innen heiligen - Berg. Und tatsächlich hat das Kloster mit seiner Lage eine besondere Ausstrahlung.
Wir erklimmen noch den nahegelegenen beflaggten Hügel und schauen mit den anderen Besucher:innen auf den Berg in der Türkei. Als mehr und mehr Tourist:innen kommen, steigen wir wieder in unseren Van und fahren weiter.
Unser drittes und letztes Kloster in dieser Woche ist Norawank. Es liegt spektakulär in Mitten der Schlucht des Flusses Amaghu, die für ihre roten Felsen bekannt ist. Allein die Anfahrt ist ein Erlebnis. Die tiefe Schlucht und die schroffen Felsen verleiten uns zu einer sehr langsamen Anfahrt, um alles gut genießen zu können. Und dann erscheint erst ganz klein hoch oben das Kloster im Fels.
Wir parken Puschel und erklimmen die letzen Meter zu Fuß. Die Aussicht hier oben ist wunderbar. Und auch das Kloster ist sehr schön, für uns mit Abstand das schönste, mit seinen Kreuzsteinen und Verzierungen. Bis ins 19. Jahrhundert war Norawank die Grabstätte der Fürstenfamilie Orbelian, die auch die Karawanserei gebaut haben, die wir später noch besichtigen wollen.
Und damit sind wir zurück auf der Seidenstraße, denn in Armenien finden sich noch ein paar Spuren des Hauptzweigs in Richtung Iran.
Als erstes machen wir uns auf die Suche nach der alten Dadal-Brücke aus dem 13. Jahrhundert. Hier kreuzten die Karawanen den Fluss Arpa. Um die Brücke zu finden, fahren wir nach Jeghegnadsor und dort über Sandwege so weit ran wie für unseren Van möglich.
Dann stellen wir Puschel an einer Wegkreuzung ab und folgen den Pfaden in Richtung der Brücke. Sie ist ein Kulturdenkmal, aber nicht ausgeschildert. Wir folgen einfach den Bäumen, da wir dort Wasser, also den Fluss, vermuten.
Auf dem Rückweg kommen wir an mehreren wilden Pflaumenbäumen vorbei und sammeln und naschen uns durch.
Für die Nacht fahren wir den Kechut Stausee an. Kurz nachdem wir stehen, fängt es heftig an zu Gewittern und zu Hageln, und es kühl stark ab. Wir sind sehr froh, sicher in unserem Metallkäfig zu sitzen.
Nach einer Nacht am Stausee fahren wir nach Jermuk. Die Stadt ist in Armenien für ihr natürliches Mineralwasser bekannt. Ihr Name leitet sich vom armenischen Wort “Jermuk" ab, was übersetzt „warme Mineralwasserquelle“ heißt. Schon während der Sowjetzeit war Jermuk als medizinischer Badeort sehr bekannt. Als Fotospot beliebt bei Tourist:innen und Brautpaaren sind die nahegelegenen Wasserfälle. Das sanft fließende Wasser gibt ihnen auch den Beinamen „Schleier der Braut“.
Für uns geht es zurück auf die Seidenstraße. Die auf 2.000 Meter ansteigende Route bietet atemberaubende Blicke ins Tal. An der Passhöhe steht unser Ziel, die Orbelian oder auch Selim Karawanserei.
Sie wurde 1332 von Prinz Chesar Orbelian am Vardenyat Pass gebaut, um müden Reisenden und ihren Tieren ein Quartier zu bieten. Sie ist recht schlicht und besteht aus zwei Baukörpern. Die Inschriften sind größtenteils zerstört, aber am Eingang sind noch gut einige Reliefs und Tierköpfe zu erkennen. Sie ist die besterhaltene Karawanserei in Armenien.
Hier endet unser Besuch in Armenien. Den südlichen Landesteil heben wir uns auf für einen späteren Zeitpunkt. Wir möchten gerne irgendwann den Iran bereisen, wenn die politische Situation eine andere ist.
Wir kehren erst einmal zurück an den Sewansee und freuen uns auf ein paar Tage Urlaub vom Reisen, bevor wir uns auf machen zum dreitägigen Transit durch Russland.