An der Grenze stehen wir erst einmal in drei Reihen an. Mit uns wartet eine Bikergruppe aus Italien, ein weiteres deutsches Wohnmobil, ein paar griechische Autos und viele türkische PKW. Letztlich dauert es nur 45 Minuten, dann sind wir mit unserem Puschel ohne Probleme eingereist. 90 Tage können wir bleiben ohne Papierkram und Zollformalitäten.
Wir widerstehen unserem ersten Impuls direkt an der Grenze eine SIM-Karte für unseren Router zu kaufen und rollen weiter nach Marmaraeraglesi. Dort kaufen wir in einem TürkCell-Shop eine Karte, da wir gelesen hatten, dass der Anbieter auch in abgelegenen Gebieten eine gutes Netz hat. So sparen wir 15 Euro. Die erste Nacht verbringen wir 70 Kilometer vor Istanbul am Marmara-Meer.
Am nächsten Morgen fahren wir früh ab. Bald tauchen vor uns die Außenbezirken von Istanbul auf. Die Stadt ist riesig. Und wie bei jeder guten Metropole, stehen wir erst einmal im Stau. Wir schlängeln uns durch die Stadt, verfahren uns einmal und stehen zwei Stunden später endlich vor dem Tor von Istanbuls einzigem Campingplatz, einem asphaltierten Stellplatz für etwa 20 Camper.
Die Nacht kostet umgerechnet 15 Euro und wir bekommen Strom und Wasser, die Waschmaschine und die sanitären Anlagen teilen wir uns mit dem Fußballplatz nebenan.
Nicht Top gepflegt, aber für uns Camper total okay. Und fußläufig zu den großen Sehenswürdigkeiten gelegen. Von hier aus werden wir in den nächsten Tagen die Stadt erkunden, während unser Kastenwagen hier sicher steht. Wir sind sehr glücklich.
Yenikapi Caravan RV Park
Katip Kasım, Langa Hisarı Cd46
34130 Fatih / İstanbul, TR
Um in der Stadt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln mobil zu sein, organisieren wir an der nahegelegenen Metrostation als erstes die Istanbul-Card. Eine wiederaufladbare Karte, die von mehreren Personen genutzt werden kann und für alle Verkehrsmittel der Stadt gilt.
Unsere erste Fahrt bringt uns zum Flughafen, um unsere Tochter Mara abzuholen, die wir hierher eingeladen haben. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen nach zwei Monaten und die kommenden gemeinsamen Tage in der türkischen Metropole. Untergebracht haben wir Mara allerdings in einem nahegelegenen Hostel, da uns die Nächte zu dritt im Van dann doch zu eng schienen.
Am nächsten Morgen ist uns erstes Ziel die Sultan Ahmed Moschee, auch blaue Moschee genannt. Der große Kuppelbau mit seinen sechs Minaretten prägt seit seiner Erbauung um 1600 das Stadtbild. Wir kommen zu einem guten Zeitpunkt und können direkt in die Moschee ohne anzustehen. Wir sind begeistert von der Größe und dem reich geschmückten Innenraum mit seinen blauen Kacheln.
Im Anschluß gehen wir in die gegenüber liegende Hagia Sophia. Hier herrscht reger Andrang. Eine lange Schlange an Besuchswilligen reicht über den Platz. Trotzdem werden wir mit dem Menschenstrom relativ schnell durch das Eingangsportal gespült.
Diese imposante, ältere Moschee hat zwar nur vier Minarette, uns beeindruckt sie mit ihren antiken Deckenmalereien noch ein bißchen mehr. Vielleicht spüren wir, dass sie etwa eben 530 nach Christus zunächst als byzantinische Kirche erbaut und erst ab den 1450er Jahren als Moschee genutzt wurde.
Beide Moscheen gehören übrigens zum UNESCO-Weltkulturerbe, sind auch heute noch aktive Gotteshäuser und daher kostenfrei zu besichtigen. Über eine Spende freut man sich aber natürlich.
Nach so viel Kirchengeschichte zieht es uns auf den Basar, der mit seinen 4.000 Geschäften ein ganzer Stadtteil ist. Er wurde im 15. Jahrhundert angelegt und ist nicht nur zum Einkaufen, sondern auch als Bauwerk interessant. Wir schlendern mal rechts und mal links durch die Gänge, vorbei an funkelnden Juweliergeschäften, Kleidung, Souvenirs und Süßigkeiten. Als wir eine Teestube entdecken, lassen wir uns auf die Touristenpreise ein. Nach all den Kaffee-trinkenden Ländern wollen wir einen Çhai probieren und Baklava. Wir zahlen für den Spaß umgerechnet 30 Euro, der Flair dort war es uns aber allemal wert.
Nach dem Trubel auf dem Basar sehnen wir uns nach Ruhe und Beschaulichkeit. Die bietet der Stadtteil Fener. Nur unser Versuch, den richtigen Bus zu finden, scheitern kläglich an der Dauerbaustelle Istanbul. Bei der Orientierung hilft uns schlussendlich ein in Deutschland studierender junger Türke auf Heimatbesuch. Er begleitet uns zur richtigen Haltestelle und setzt uns in den Bus. Vielen Dank.
Der Stadtteil Fener ist jung, bunt und alternativ. Er ist grün und deutlich ruhiger als das Zentrum, was wir sehr genießen. Es gibt viele kleine Läden und Cafés. Die Mauern sind mit Graffiti geschmückt und die Häuser bunt gestrichen. Wir entdecken das bezaubernde Café Naftalin und beobachten von hier aus das Treiben im Viertel bei einem veganen Snack.
Café Naftalin
Yıldırım Cd. 27/A
34087 Fatih/İstanbu, TR
geöffnet 10-23 Uhr
Tag zwei beginnen wir im Dolmabahçe Palast am europäischen Ufer des Bosperus. Der Palast war ab 1856 die Residenz der Sultane. Auch diese Sehenswürdigkeit begeistert uns.
Auf Grund ihrer imposanten, kompakten Bauweise und Inneneinrichtung erinnert sie an ein Schloss, das gut mit seinesgleichen in Europa mithalten kann. Insbesondere den Empfangssaal des Dolmabahçe Palastes sollte man gesehen haben. Von den Gärten aus hat man zudem einen schönen Blick auf das Wasser und die gegenüberliegende Uferseite der Stadt.
Für den Nachmittag wechseln wir das Viertel und besuchen den Galata-Turm und das rund herum liegende Galata-Viertel. Für einen Aufstieg tun uns die Füße zu sehr weh, aber auch von unten ist der ca. um 530 unter den Genuesen erbaute Turm sehr beeindruckend.
Restaurant & Café
Vegan Istanbul
Firuzağa Mah. Türkgücü Cd. 51
Beyoğlu Istanbul, TR
Abends folgen wir einer Empfehlung und gehen im Vegan Istanbul essen. Dort gibt es gute türkische Hausfrauenkost. Für das Abendessen zahlen wir pro Person umgerechnet 4 Euro. Es ist so lecker, dass wir am nächsten Tag wieder kommen werden.
An Tag drei steuern wir gleich morgens den Topkapi-Palast an. Er ist der ältere der beiden Sultan-Paläste. Daher besteht er auch aus mehreren Gebäuden - getreu der türkischen Tradition. Er wurde im 15. Jahrhundert errichtet und hat insgesamt vier hintereinander liegende Höfe.
Uns faszinieren die orientalischen Ornamente und Kacheln, und wir können uns gar nicht satt sehen daran.
Der Palast ist umgeben von einem fast 70 Hektar großen Garten, der einen schönen Blick auf das Wasser gewährt. Er war jahrhundertelang der Sitz der Sultane im osmanischen Reich. Einen schönen Platz haben sie sich ausgesucht.
Für uns geht es auf den asiatischen Teil von Istanbul. Im heute hippen Stadtteil Kuzgunçuk gibt es sie noch, die alten bunten Holzhäuser, die einst typisch waren für die Stadt und vor einigen Jahren fast der Abrissbirne zum Opfer gefallen wären. Die wollen wir sehen. Beim Umherstreifen durch die Seitenstraßen erhaschen wir noch einen unbezahlbar schönen Blick auf die Bosporus-Brücke. Auch dieses Viertel gefällt uns gut. Es ist grün, voller Galerien, Cafés und kleiner Läden in denen man stylische Dinge kaufen kann.
Unseren Abend lassen wir erneut im Vegan Istanbul ausklingen.
Schön war es. Die Stadt ist groß, wuselig, facettenreich und laut, entschädigt einen aber mit kleinen Oasen wie Fener, Kuzgunçuk oder an den Uferpromenaden - egal ob auf der asiatischen oder europäischen Seite.
Morgen machen wir uns wieder auf, wir wollen ein Stück der alten Seidenstraße finden.